Via ferrata Bolver-Lugli
August 2015, Pala Gruppe
Das Wetter ist jetzt seit Tagen stabil deshalb will ich meinen ursprünglichen Plan, in der Pala-Gruppe etwas zu unternehmen, jetzt umsetzen. Der Bolver-Lugli soll ja eine der bedeutendsten Touren in den Dolomiten sein und deshalb muss ich da hin. In San Martino di Castrozza übernachte ich zunächst auf einem Campingplatz nahe des Ortskernes. Der Platz ist sehr eng und nachts sind wieder einmal Diskussionen der italienischen Nachbarn bis Mitternacht im Gange. Am nächsten Tag entdecke ich dann gerade mal 2 km entfernt einen Stellplatz für 12 € die Nacht der ideal ruhig und perfekt ausgestattet ist. Mit dem Bike erkunde ich noch die Parkmöglichkeit an der Seilbahn was mit meinem WoMo mit Radständer nicht so einfach ist. Bereits um 6 Uhr am nächsten Tag parke ich dort direkt an der Bahn mein überlanges Auto auf dem einzigen möglichen Platz.
Pünktlich um 8 Uhr startet die Bahn mit der ich hinauf zum Col Verde fahren werde. Es ist Sonntag und deshalb auch hier wieder ein großer Andrang. Da es sich hier um eine große Tour handelt, ist die Besucherzahl die dem Einstieg zustrebt überschaubar. Natürlich werde ich von vielen überholt, aber es zeigt sich spätestens im KS„Wer langsam geht – geht gut, wer gut geht – geht weit“.Die Tour wird mindestens 7 Stunden dauern. Da lohnt es sich, seine Kräfte einzuteilen. Auch im Klettersteig macht sich ein gutes Training bezahlt. Obwohl es meistens A/B-Schwierigkeiten sind, haben doch viele im KS zu kämpfen. Mir macht es großen Spaß(felsfun)da ich mit Leichtigkeit und ohne Anstrengung durch den ganzen Klettersteig gehe. Fast zu schnell ist für mich das Ende des KS erreicht.
Vom Ausstieg gehe ich hinüber zum Bivacco Fiamme Gialle (3005 m) und dann auf dem Weg 706 zum Passo di Travignolo (2925 m) hinunter. Viele Kletterer steigen hier zur dominierenden Vezzana hinauf. Ich schenke mir den Gipfel da ich den Abstiegspfad rechtshaltend auf dem Weg 716 durch das Val dei Catoni mit den teilweise recht ausgesetzten Felsstufen absteigen will. Es ist ein beeindruckendes Scenario und fast unglaublich, dass es einen Ausweg aus diesem Gelände zurück zum Col Verde gibt. Einige Schneefelder fahre ich vorsichtig ab. Dann wieder lange Geröllpassagen. Es folgt eine Gegensteigung zum Passo Bettega (2667 m) die wieder einige Kraft fordert. Kein Wegweiser bestätigt mir den richtigen Weg. So steige ich auf abschüssigen Pfaden ab bis ich endlich die Bergstation der Rosetta-Seilbahn sehe. Im weiteren Verlauf des Pfades der zur Seilbahn hinauf führt, zweigt endlich ein nur schwach markierter Pfad der zum Col Verde hinüber führen soll ab. Er soll teilweise versichert sein und meist A, eine Stelle B aufweisen.
Es zeigt sich auch hier, dass der Abstieg oft am gefährlichsten ist. Viele Stellen im steilen Schrofengelände wären in einem KS mit Drahtseil gesichert. Aber hier hilft nur absolute Konzentration und umsichtiges Gehen. Ich überhole ein Paar das sich im wahrsten Sinn des Wortes hinunterschleppt. Ein sogar mit Eispickel ausgestatteter Mann der ununterbrochen auf italienisch auf eine Frau einredet und ihr wahrscheinlich Mut zu spricht führt die Tragödie an. Wo bleibt da„felsfun“? Was soll’s – schnell passiere ich das Paar und konzentriere mich wieder auf das schwierige Areal. Dann kommt doch tatsächlich eine verrostete Drahtseilsicherung die um eine exponierte Ecke führt. Als ich sie packen will, merke ich dass sich das Drahtseil durch den Rost aufgelöst hat und viele kleine Drähte ragen daraus hervor sodass man das Seil nicht ohne Verletzung seiner Hände benützen kann. Weiter geht es vorbei an nervenaufreibenden abschüssigen Passagen. Nur am Zustieg zum Egesen-KS im Zillertal kann ich mich an derart adrenalinfordernde Stellen erinnern. Als ich schließlich den von der Rosetta herabführenden Weg erreiche kann ich nur noch für mich auf bayrisch ausrufen „da legst di nida“
Der Rest ist nur noch wandern ohne Ende – bis hinunter zur Col Verde Seilbahn Station. Aber es war eine unheimlich gute Tour. Lange Zeit ohne erkennbares Endziel.
Einfach nur„sauguat“.